Crowdsourcing
Der Begriff Crowdsourcing wurde im Mai 2006 von Jeff Howe geprägt und setzt sich aus den englischen Begriffen "Crowd" (Schwarm) und "Outsourcing" (Auslagerung) zusammen. Im Gegensatz zum Outsourcing meint Crowdsourcing nicht die betriebswirtschaftliche Ausgliederung bestimmter Prozesse von einem Unternehmen in ein anderes, sondern einen Job, Arbeit oder Aufgabe an eine undefinierte große Gruppe von Menschen, durch einen öffentlichen Aufruf zu übertragen. Aber während beim Outsourcing das Ergebnis vertraglich festgelegt ist, kann man beim Crowdsourcing nie sicher sein, ob der erwartete Effekt auch wirklich eintritt. Eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Crowdsourcing ist die freiwillige Partizipation der Menge (Crowd), eine undefinierte Gruppe und der öffentliche Aufruf. Auch der Begriff Arbeit wird dabei gerne erweitert, insofern damit die Generierung von Ideen oder Vorschlägen gemeint ist.
Crowdsourcing ft. Open Innovation
Crowdsourcing ist eng verbunden mit dem Begriff Open Innovation, der die Öffnung eines Unternehmens für außerbetriebliche Innovationsideen meint. Als „Outsourcing to the crowd“ bedeutet Crowdsourcing für Unternehmen, bestimmte Vorhaben der Öffentlichkeit frei zu legen, um dann die Intelligenz der Masse für ihre Produktentwicklung oder für Werbezwecke zu nutzen. Ermöglicht wird dies über die Entwicklung des Web 2.0, in dem Menschen raumunabhängig untereinander interagieren und zusammenarbeiten. Die Masse beteiligt sich dabei aus reinem Interesse, eventuell wird sie mit dem Hinweis auf eine Belohnung motiviert. Für Unternehmen ist Crowdsourcing nicht nur eine kostensparende Methode der Arbeitsverteilung, sondern auch ein geeigneter Weg, Feedback von Kunden und Mitarbeitern zu erhalten.
Das bekannteste Beispiel für Crowdsourcing ist wikipedia, wo viele Autoren unentgeltlich Artikel schreiben und korrigieren.
Crowdsourcing - Ein Blick in die Geschichte
Wer annimmt, dass es Crowdsourcing erst seit dem 21.Jahrhundert und nur in digitaler Form gibt, der mag sich jetzt überraschen lassen. Bereits im 19. Jahrhundert bediente man sich in England dieser analogen Arbeitsform. Im Jahr 1879 wurde der britische Lexikograf und Philologe James Murray beauftragt, den gesamten englischsprachigen Wortschatz zu dokumentieren. Da dies für einen Einzelnen nicht zu bewerkstelligen war, startete er einen Aufruf an seine Landsleute, Amerikaner und die Bewohner der britischen Kolonien, ihn bei seiner Arbeit zu unterstützen. Damit dieser Aufruf auch dementsprechend viele Menschen erreichen konnte, verteilte Murray dafür Flugblätter in Buchhandlungen, die dort in Bücher eingelegt wurden. Durch diese Vorgehensweise wurden tausende Menschen gefunden, die Murray begeistert unterstützten und ihm entsprechende Belegstellen mit alltäglichen und ebenso ungewöhnlichen Wörtern zusendeten. Durch diese Vorgehensweise gelang es dem Sprachwissenschaftler Murray, sämtliche Wörter der englischen Sprache zu sammeln und wurde damit der wichtigste Herausgeber des bedeutendsten Wörterbuches der englischen Sprache, dem Oxford English Dictionary.
Crowdfunding
Ein wichtiger Bereich des Crowdsourcings ist das Crowdfunding, bei dem die Masse Projekte mit finanziellen Mitteln statt mit Arbeitskraft unterstützt. Zu finden sind diese Projekte zum Beispiel auf der Plattform Kickstarter, die als Abwicklungsplattform für die Spenden fungiert. Verwandt mit dem Crowdfunding ist das Peer-to-Peer-Lending. Dazu gibt es Internetplattformen wie Auxmoney, auf denen mögliche Kreditnehmer ihre Kreditwünsche und ihre Projekte vorstellen, die dann von anonymen privaten Anlegern finanziert werden. Eine weitere Form des Crowdsourcings nennt sich Collaboration. Hier arbeiten feste Gruppen von Menschen mit Hilfe von Social Software an Projekten zusammen.
Freiwillige Partizipation vs. Crowdsourcing
Allerdings kann bei den meisten Plattformen im Web 2.0, bei denen die gemeinsame Partizipation vieler Menschen vorausgesetzt wird, wie zum Beispiel YouTube oder Flickr, jedoch nicht von Crowdsourcing gesprochen werden. Der entscheidende Unterschied besteht im Anspruch an die Vollständigkeit und an eine gewisse Systematik, die auf Plattformen wie YouTube oder Flickr fehlt. Während zum Beispiel bei Wikipedia darauf hingearbeitet wird Informationen aktuell und lückenlos zu halten und immer neue Artikel mit aufzunehmen, stehen bei YouTube und Flickr eher die kreativen Eigenleistungen im Vordergrund. Die Bilder und Videos bleiben als einzelne Informationen stehen und können nicht zu einem Gesamtbild miteinander verknüpft werden. Zudem gibt es keine offiziellen Aufrufe, die dazu dienen sollen Wissenslücken zu schließen und Sachverhalte klarer darzustellen.
Fazit
Hauptsächlich geht es darum, bestimmte Aufgaben an viele Menschen zu delegieren, um von deren Wissen zu profitieren, da auch das Wissen eines einzelnen Experten begrenzter ist als das Wissen einer großen Gruppe (siehe auch Schwarmintelligenz oder The Wisdom of Crowds). So kann das Wissen von Vielen zu kreativen Lösungen beitragen und zum eigenen Vorteil genutzt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob man eine kreative Lösung für ein bestimmtes Problem oder finanzielle Unterstützung für ein Projekt benötigt - Die Anwendungsfelder von Crowdsourcing sind vielfältig. Ein gutes Beispiel für eines der Anwendungsfelder von Schwarmwissen sind die sogenannten Prediction Markets.
Literaturvorschläge
Gassmann, Oliver: Crowdsourcing: Innovationsmanagement mit Schwarmintelligenz: Interaktiv Ideen finden - Kollektives Wissen effektiv nutzen - Mit Fallbeispielen und Checklisten; Carl Hanser Verlag GmbH & CO. KG; München 2010
Howe, Jeff: Crowdsourcing: Why the Power of the Crowd Is Driving the Future of Business; Crown Business Publishing; New York 2009
Weblinks
Video von Jeff Howe - Crowdsourcing
Howe, Jeff: The Rise of Crowdsourcing. Wired Magazine
Alphenaar, J. W.: Sucessful Crowdsourcing
Bons, Emile et al.: Open Innovation, The Benefits of Crowdsourcing; Tilburg University
Wie aus Outsourcing Crowdsourcing wurde