Dark Pattern

Aus Social-Media-ABC
Version vom 17. Mai 2020, 21:10 Uhr von Exilhanseat (Diskussion | Beiträge) (Korrektur von eigenen Tippfehlern und unglücklichen Formulierungen)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

dunkles Muster (im Sinne von Verhaltensmuster), gelegentlich auch als deceptive design (irreführendes Design) bezeichnet

Herkunft

Der Begriff Dark Pattern wurde 2010 vom UX-Experten Harry Brignull geprägt, um eine Abgrenzung zu dem Begriff Anti-Pattern zu schaffen, also zu Designfehlern, die infolge von mangelhafter Erfahrung oder fehlender Qualifikation der Programmierer entstanden sind.[1]

Definition

Als Dark Pattern wird ein Funktionsmerkmal in der Benutzeroberfläche von Webpages oder Apps bezeichnet, das die Nutzer dazu bringen soll, Dinge zu tun, die sie eigentlich gar nicht tun wollen und das stattdessen für das betreffende Unternehmen einen Mehrwert impliziert (bspw. ungewollte Preisgabe von persönlichen Information, Kauf unerwünschter Produkte, Dienstleistungen, Abonnements). Unter Ausnutzung der Kenntnisse über die menschliche Psychologie und das Nutzerverhalten bei der Navigation auf Webseiten oder in einer App wird deren Design sorgfältig bis ins kleinste Detail hinein gestaltet, einzig und allein mit dem Ziel, den Nutzer zum Vorteil des Unternehmens unbemerkt in seinem Verhalten zu manipulieren. Das staatliche, beratende Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) befasste sich im November 2019 ausführlicher mit dem Thema Dark Pattern und beschrieb sie als "unethisch, mitunter unlauter und ggf. betrügerisch."[2] Nutzer würden „gezielt gesteuert, manipuliert und getäuscht“. Insbesondere für unerfahrene Nutzer sind Dark Pattern häufig schädlich, denn Aufmerksamkeit und das Kennen der eingesetzten Tricks sind häufig die einzige Möglichkeit sich gegen sie zu wappnen.

Rechtliche Bewertung

Unternehmen, die Dark Pattern einsetzen, bewegen sich damit häufig an der Grenze zur Illegalität und scheinen mit dem Gesetzgeber bewusst Katz und Maus zu spielen. Die europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sollte bspw. mit Artikel 7 (aktive Einwilligung des Nutzers) eine deutliche Hürde bzgl. des Erschleichens von personenbezogenen Daten ziehen. Über die Art des Zustandekommens dieser Einwilligungserklärungen und den Grad ihrer "Freiwilligkeit" bestehen im Nachhinein aber manchmal Zweifel. Hier besteht weiterer Handlungsbedarf der Legislative.

Auch gegen §3 des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßen die eingesetzten Muster zumeist.[2] Die Dunkelziffer der nicht gemeldeten Fälle ist jedoch hoch und die bewussten Gesetzesverstöße sind schwer nachweisbar. Häufig scheitern juristische Verfahren auch an der schwierigen Erreichbarkeit der oft im Ausland sitzenden Unternehmen.[3]

Mit einem der wenigen großen strafrechtlich verfolgten Fälle erlangte 2015 die Business-Plattform LinkedIn fragwürdige Berühmtheit. Durch Täuschung neuer Nutzer im Zuge der Erstanmeldung erschlich sich LinkedIn die Erlaubnis, jeden Kontakt in deren Emailkonten mit automatisch generierten Einladungen zu kontaktieren. Ein Gericht in San Jose wertete diese Einladungsmails daher dennoch als illegale Spam-Nachrichten. LinkedIn stimmte einem Vergleich über 13 Millionen US-Dollar zu.[4]

Beispiele für Dark Patterns

Brignull listete in seinem Artikel bereits einige typische Beispiele auf. [1] Seitdem sammelt, typisiert und katalogisiert er zusammen mit Alexander Darlington auf der gemeinsamen Webpage die dunklen Unternehmens-Praktiken und legt die dreistesten Fälle in einer "Hall of Shame" auf seinem Twitter-Account offen.[5] In der zunehmenden Presseöffentlichkeit werden diese Kategorien aufgegriffen und immer wieder ergänzt.[6] Im Nachfolgenden werden daher nur einzelne Beispiele alphabetisch aufgeführt. Die Liste läßt sich noch fortführen.

Bait and Switch (Lockvogeltaktik, wörtlich: Ködern und Wechseln)

Confirmshaming

Disguised Ads

Forced Continuity

Friend Spam

Hidden Costs (Versteckte Kosten)

Misdirection (Irreführung)

Das Design versucht die Aufmerksamkeit des Nutzers auf ein bestimmten Punkt zu lenken, in der alleinigen Absicht, von einem anderen Punkt abzulenken.

Privacy Zuckering

Scarcity (Knappheit)

Angeblich begrenzte Lagerbestände ("nur noch 2-mal verfügbar") und/oder eine vorgeblich besonders hohe Nachfrage ("schon 16-mal in den letzten 24 h verkauft") erwecken den Eindruck, man müsse sich besonders rasch entscheiden.

Trick questions (Trickfragen)

Fragen werden derart formuliert, dass sie bei raschem Lesen eine andere Entscheidung provozieren als es gründliches Lesen getan hätte.

Urgency (Dringlichkeit)

Angebote sind vorgeblich nur sehr kurz verfügbar oder werden scheinbar bereits von anderen Nutzern beobachtet. Vergleichbare oder noch günstigere Angebote wurden angeblich gerade knapp verpasst. Im Nutzer wird die Sorge geweckt, ein Angebot zu verpassen, wenn er sich nicht mit der Entscheidung beeilt. Ein ablaufender Timer erzeugt mitunter zusätzlich Druck.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Harry Brignull:90 Percent of Everything - Dark Patterns: dirty tricks designers use to make people do stuff, 8. Juli 2010, zuletzt abgerufen am 17.05.2020 (englisch).
  2. 2,0 2,1 Christoph Bogenstahl:Dark Patterns – Mechanismen (be)trügerischen Internetdesigns, Themenkurzprofil Nr. 30 des Büros für Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestags (TAB), PDF 551KB, zuletzt abgerufen am 17.05.2020
  3. Jürg Tschirren:Üble Tricks im Internet - Die dunkle Seite des Designs, SRF-Digital, 31.08.2018, zuletzt aufgerufen am 17.05.2020.
  4. John Brownlee:After Lawsuit Settlement, LinkedIn’s Dishonest Design Is Now A $13 Million Problem 10.05.2015, (englisch), zuletzt abgerufen am 17.05.2020.
  5. Harry Brignull und Alexander Darlington:Dark Pattern.org, (englisch), zuletzt aufgerufen am 17.05.2020.
  6. Patrick Beuth und Marcel Rosenbach: 50 Leute lesen diesen Text. In: Der Spiegel Nr. 12/2020 vom 14.03.2020 in der print bzw. online-Version des Magazin, zuletzt aufgerufen am 17.05.2020.